...als wäre sie, nicht ich, vom Felsen gefallen,
damals. Ihre Augen weiten sich, deutlich erkenne
ich die rostfarbenen Sprenkel im ungewissen Grün
und die Äderungen in den leuchtend weißen
Augäpfeln. Ihr Atem riecht nach Lakritze. Das
Mädchen sieht sich in die Tiefe stürzen, es breitet
die Arme aus, erlebt den Fall wie ein herrliches
Schweben, jubelnd, unbesorgt über das Ende,
lacht vielleicht, Haar im Mund, flatternder Kragen
am Ohr, lacht aus voller Kehle, trunken vor
Schwindel bis der Boden in rasendem Tempo auf
sie zufliegt, ihr plötzlich mitten ins Gesicht
schmettert und sie, kaputt wie eine Puppe, in der
alten Grube liegt, in der sie nichts zu suchen hatte,
blutend, mehr tot als lebendig. Für den Bruchteil
einer Sekunde spiegeln mir ihre Pupillen die Bilder
zu, an die ich mich nicht erinnern kann...
Mädchen IV mit Leguan
Roman
Ein starkes Mädchen sucht nach einem
traumatischen Erlebnis den Weg zurück ins Leben
und zu sich selbst. Inzwischen erwachsen, setzt die
junge Frau mit einer unerwarteten Tat ihre neu
gewonnene Identität aufs Spiel.
edition ebersbach, Berlin. März 2012.
ISBN 978-3-86915-049-9.
224 Seiten.